Ein gemeinsames Projekt der Universitäten des Saarlandes und Heidelberg ist jüngst erfolgreich beendet worden. Im „GECCo“ (German English Contrasts in Cohesion – Towards an Empirically-based Comparison) genannten Projekt untersuchten Forscherinnen und Forscher aus Sprach- und Übersetzungswissenschaft die statistische Verteilung so genannter Kohäsionsmittel in deutschen und englischen Texten. Die Häufigkeit solcher Mittel, die inhaltliche Zusammenhänge über die Satzgrenzen hinweg anzeigen, ist maßgeblich zum Beispiel für die Arbeit im Sprachenunterricht oder für Übersetzer und Dolmetscher. Das DFG-Projekt lief von 2011 bis 2017 und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit rund 650.000 Euro gefördert.
Weniger ist manchmal mehr. Nach diesem Motto funktionieren auch viele Texte. An manchen Stellen ist es sprachlich angemessen, etwas wegzulassen. Der Inhalt wird dadurch aber trotzdem klar, und eleganter wirkt die Lösung oft auch. „Ellipse“ wird dieses Weglassen in der Sprachwissenschaft genannt. Ein Beispielsatz im Deutschen, der dies verdeutlicht, ist folgender: „Wie wir diese Tiere erkannt haben? Dank der Foto-Identifikation.“ Im zweiten Satz müsste man eigentlich schreiben „Wir haben diese Tiere dank der Foto-Identifikation erkannt.“ Da der Leser der Passage aber aus dem vorherigen Satz weiß, dass es sich darum dreht, wie Tiere erkannt werden konnten, ist diese etwas sperrige Formulierung nicht nötig. Durch das Weglassen des zuvor Gesagten ist die Bedeutung des verkürzten zweiten Satzes ebenfalls klar, und sprachlich wirkt die Passage überdies eleganter.
Wissenschaftler wie der Saarbrücker Professor für Englische Übersetzungswissenschaft, Erich Steiner, nennen solche Sprachelemente, die Texten über die Satzgrenzen hinaus Sinn geben, Kohäsionsmittel. Neben Ellipsen sind dies zum Beispiel auch semantische Relationen (Synonyme, Ober-/Unterbegriff etc.) und Pronominaladverbien (darüber, dafür). Im GECCo-Projekt haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Erich Steiner und Kerstin Kunz (Professorin an der Universität Heidelberg) insgesamt 14 Textgattungen geschriebener und gesprochener Texte des Deutschen und des Englischen hinsichtlich solcher Kohäsionsmittel untersucht. Sie haben ein so genanntes Korpus, eine große Sammlung repräsentativer Texte, auf diese satzübergreifenden Mittel hin erforscht und statistisch analysiert, wie oft in den verschiedenen Textgattungen solche Kohäsionsmittel vorkommen und wo es deutliche Unterschiede zwischen dem Englischen und Deutschen gibt.
„In beiden Sprachen lagen die mündlichen Register, also gesprochene Texte, deutlich höher hinsichtlich der Häufigkeit der Kohäsionsmittel als die schriftlichen. Allerdings zeigten politische Reden eine eher schriftsprachliche Charakteristik – nicht zuletzt, weil sie von Redenschreibern vorformuliert waren und nicht spontansprachlich sind“, erläutert Linguist Erich Steiner.
Insgesamt betrachtet konnten die Wissenschaftler nach über 40 Publikationen, zahlreichen Promotionen, Habilitationen sowie Magister- und Bachelorarbeiten unter anderem feststellen, dass im Deutschen deutlich häufiger Kohäsionsmittel zum Einsatz kommen als im Englischen. Auch der empirische Nachweis, dass es bei der Verwendung der Kohäsionsmittel über Sprachgrenzen hinweg oft mehr Ähnlichkeit zwischen zwei Texten derselben Gattung gibt als zwischen verschiedenen Gattungen innerhalb derselben Sprache, ist ein wichtiges Ergebnis. Hier kamen innovative statistische Methoden zum Einsatz. Eine englische Rede hat also mit hoher Wahrscheinlichkeit sprachlich mehr Ähnlichkeit mit einer deutschen Rede, als eine deutsche Rede mit einem deutschen Essay.
„Wichtig sind solche Erkenntnisse vor allem für den Fremdsprachenunterricht und für die Ausbildung von Übersetzern und Autoren fremdsprachlicher Texte“, sagt Erich Steiner. Nicht zuletzt seien die Erkenntnisse auch im Bereich der maschinellen Übersetzung wichtig. Hält man sich die oft verbesserungsfähigen Ergebnisse heutiger Übersetzungsprogramme vor Augen, wird klar, dass sprachwissenschaftliche Grundlagenforschung auch in komplexen Themenfeldern wie Strategien der Satzverknüpfung unabdingbar ist.
Zum GECCo-Team gehörten außer Kerstin Kunz und Erich Steiner noch Ekaterina Lapshinova-Koltunski, José Manuel Martínez Martínez, Katrin Menzel, Stefania Degaetano-Ortlieb und Marilisa Amoia.
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